Lesekompetenz stärken als Basis eines kinderfreundlichen Lebensumfeldes
Die „Hessenstiftung – Familie hat Zukunft“ führt seit einigen Jahren auf Grundlage des Projektes „Kicken & Lesen“ aus Baden-Württemberg ein gleichnamiges Jungenleseförderprojekt in Hessen durch. Was ist das für ein Projekt? Wer steckt dahinter? Wer kann mitmachen und wie kommt es bei Jungen an? Dr. Bruno Köhler von MANNdat e.V. fragte nach und Dr. Ulrich Kuther gab uns die Antworten.
Dr. Ulrich Kuther ist Theologe und Stiftungsmanager (DSA). Nach Stationen im Bistum Mainz, in der Karl Kübel Stiftung und im Hessischen Wirtschaftsministerium führt er seit 2004 die Geschäfte der hessenstiftung – familie hat zukunft mit Schwerpunkten auf der Kinderperspektive und auf der Väterarbeit.
MANNdat: Was ist die Hessenstiftung und weshalb liegt ihr Jungenleseförderung am Herzen?
Dr. Ulrich Kuther: Die hessenstiftung – familie hat zukunft wurde 2001 vom Land Hessen ins Leben gerufen, um die Bedeutung der Familie in der Gesellschaft zu stärken. Weil Familie dort ist, wo Kinder sind, möchten wir ein kinderfreundliches Lebensumfeld fördern. Dazu gehört es, die Basiskompetenzen der Kinder zu stärken, zu denen die Lesekompetenz gehört.
Wie lange schon gibt es das Projekt kicken&lesen in Hessen und können Sie uns das Projekt kurz beschreiben?
Das Projekt „kicken&lesen in Hessen“ will seit 2011 die Lesekompetenz von Jungen über ihre Begeisterung für Fußball zu verbessern. Und holen sie dort ab, wo sie motiviert und interessiert sind: auf dem Bolzplatz. Das Projekt wird jährlich ausgeschrieben. Vereine, Schulen, Bibliotheken und sonstige Träger aus Hessen können sich mit ihren Ideen, wie sie Buch und Ball methodisch verbinden, für eine Teilnahme bewerben. Weitere Ziele des Projekts sind die Stärkung der sozialen Fähigkeiten, die Kombination von Bildung und Bewegung, die Integration sowie die Gewaltprävention.
Wo gibt es nähere Infos und wo können sich Interessierte anmelden?
Informationen und Anmeldemöglichkeiten gibt es natürlich bei der Geschäftsstelle der Hessenstiftung. Im Internet ist Weiteres zu finden unter www.kicken-und-lesen.de oder auf Facebook unter www.facebook.com/kickenundlesen .
Welche Bücher werden von den Jungen während des Projektes gelesen?
Vermutlich viele aus der Jungenleseliste wie z.B. „Die Fußballkracher“, aber auch Favoriten, die wie „Harry Potter“ nichts mit Fußball zu tun haben. Was gelesen wird, ist weit gefasst und geht von Comics über Bedienungsanleitungen zu Drehbüchern. Das aktive Element steht im Vordergrund, wie z.B. im Verfassen eines Tagebuchs zum Projekt.
Das Projekt beruht auf einer Initiative der Baden-Württemberg Stiftung und des VfB Stuttgart. Ist das Hessenprojekt völlig identisch oder gibt es Unterschiede zwischen den beiden Projekten?
Das Projekt verdankt sich weitestgehend der Initiative aus Baden-Württemberg. Ein Unterschied besteht darin, dass dort alle Jungen zusätzlich an einem Wochenende an einem speziellen Fußballcamp teilnehmen können.
Wie viele Jungen konnten Sie bisher mit dem Projekt unterstützen?
An den bisher vier Durchläufen des Projekts nahmen über 200 Jungen teil.
Wie kommt das Projekt bei den Jungen an?
Wie nicht anders zu erwarten sind die Trainingseinheiten am Ball die Highlights. Aber es gibt immer wieder den Effekt, dass Jungen erleben wie spannend Lesen sein kann, z.B. sie sich durch das Drehbuch für ein Hörspiel arbeiteten, das sie selber umsetzen konnten.
Welche Momente waren für Sie bislang die Highlights des Projektes?
Persönlich finde ich die Projekttagebücher aus den einzelnen Standorten sehr schön, weil sie einen sehr lebendigen Einblick in das Geschehen geben. Und zu guter Letzt der gemeinsame Besuch eines Heimspiels beim FSV Frankfurt 1899, bei dem die Teilnehmerurkunden in der Halbzeitpause offiziell überreicht werden.
Als wir 2012 bei den Bildungsministerien der Länder nach Jungenleseförderprojekten anfragten, war dem hessischen Kultusministerium das Projekt unbekannt. Gibt es mittlerweile eine Kooperation mit dem Kultusministerium bzw. werden Sie von diesem unterstützt?
Da es diese Zusammenarbeit noch nicht gibt, werde ich Ihren Impuls nutzen und unserem stellvertretenden Beiratsvorsitzenden, dem Hessischen Kultusminister vortragen.
Welches Buch für Jungen können Sie uns für unsere Jungenleseliste persönlich empfehlen?
Ich bin Otfried Preussler – Fan, da geht alles von der „kleinen Hexe“ bis „Krabat“.
Wir danken Ihnen für Ihre Antworten und wünschen Ihrem Projekt weiterhin viel Erfolg!