Frankfurter Buchmesse 2012 mit Blick auf Jungenleseförderung

 Wir haben die Frankfurter Buchmesse im Oktober 2012 besucht und einen besonderen Blick auf Jungenbücher geworfen.

Die Internetpräsenz gab leider wenig Auskunft über das Thema Jungenleseförderung. Von 3200 Veranstaltungen, wie sie im Internet angekündigt wurden, konnte keine einzige Veranstaltung zum Thema Jungenleseförderung gefunden werden. Trotzdem sind wir voller Optimismus zur Buchmesse gefahren und wir haben tatsächlich einiges Interessantes gefunden.

Grundsätzlich waren die kleinen Verlage auf der Buchmesse auskunftsfreudiger als die großen Verlage, von denen manche Vertreter nicht so recht wussten, was unter „Bücher für Jungs“ zu verstehen war, und sie nahmen sich auch oft mehr Zeit für das Gespräch. Aber in den meisten Fällen bekam man doch eine mehr oder weniger gute Auskunft. Bei manchen Verlagen bekamen wir jedoch auch einfach nur einen Katalog in die Hand gedrückt. Auch waren nicht alle Bücher oder Buchreihen ganz neu, die man uns empfohlen hat. Der Duden-Verlag drückte uns einen Elternratgeber „Sprach- und Leseförderung“ in die Hand. Dieser enthält zwar viele interessante Tipps und Informationen zur Leseförderung, aber auf den ganzen 31 Seiten wird keine geschlechterspezifische Leseförderung, respektive auch keine Jungenleseförderung, explizit erwähnt. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass die laut Katalog im August erschienenen neuen Übungsbücher zur Reihe „Lesedetektive“ thematisch und laut Aufmachung vorrangig Mädchen ansprechen. Da ist sicher noch viel Entwicklungspotential vorhanden.

Aber jetzt zum Positiven.

Beim Bastei-Lübbe-Stand stand der Autor Jeff Kinney Kindern Rede und Antwort. Auf die Frage, wie er mit dem Zeichnen angefangen hatte, meinte er, er konnte als Jungen nicht lange still sitzen und da hat er angefangen zu zeichnen, um sich zu beruhigen. Daraus entstanden später „Gregs Tagebücher“. Hyperaktivität als Chance wäre sicher ein interessanter Ansatz auch im Bildungswesen.

Spezielle Bücher mit der Zielgruppe Jungs sind nach wie vor rar. Bei genauerem Hinsehen gab es aber Jungenbücher, wo es nicht unbedingt zu erwarten war. Der Frechverlag, der mit dem Markennamen „TOPP“ bekannt ist für Handarbeitszeitschriften und Handarbeitsbücher. Unter dem Titel „bauen, Tüfteln, Selbermachen“ gibt der Verlag jetzt mit „50 geniale Ideen für kreative Jungs“ von Armin Täubner, ein Experimentier- und Bastelbuch heraus, das speziell Jungen ansprechen will. Ebenfalls als TOPP-Buch ist das Buch „Extremtüfteln – jetzt knallt´s“ von Franziska Heidenreich und Bianka Langnickel, ein interessantes Experimentierbuch für eine Menge Aktion.

Ebenso will das Buch „Der Kampf der Dinoritter“ aus der Reihe Hanser von Michael Gerard Bauer Jungen ansprechen, und kombiniert dazu speziell Jungen-affine Themen Ritter, Dinosaurier und Zeitreisen-Science-Fiction.

Wir haben natürlich beobachtet, wo die meisten Jungs herum standen und schmökerten. Das ist immer ein guter Anhaltspunkt für Jungenbücher. Und wo war das?

Es war bei den Lego-Star Wars-Büchern vom DK Verlag, natürlich bei „Gregs Tagebüchern“ von Bastei-Lübbe (Comicromane), von denen Ende November Band 7 erscheinen soll, die drei Fragezeichen vom Kosmos-Verlag und an den einschlägigen Sachbüchern zum Thema Technik, Dinosaurier und Fußball. Aber auch der Comicbereich war sehr stark frequentiert, wobei auch ältere Jugendliche bzw. jüngere Männer stark vertreten waren, wie z.B. bei den Comics vom Splitter-Verlag. Die Comic-Szene gab der Buchmesse auch eine bunte Note, weil viele skurril verkleidete MANGA-Fans, vor allem weibliche Jugendliche, die in die Rolle ihre Helden schlüpften.

Bei den Comics ist die Literaturcomicreihe von Brockhaus interessant, in der Klassiker wie „Die Schatzinsel“, „Don Quichotte“ u.ä. für Kinder ab 10 Jahren in Comicform sehr ansprechend und hochwertig aufbereitet werden. Griechische Mythologie bedient derweil das Bilderbuch „Odysseus“ von Yvan Pommaux vom Moritzverlag.

Ein sehr schönes Bilderbuch ist „Der Nebelmann“ von Tomi Ungerer vom Diogenes-Verlag, eine Geschichte aus Irland über Mut und Neugier für Kinder ab 3 Jahren.

Bei den Kindersachbüchern gibt es längt wesentlich mehr Auswahl, als die bekannten „Was-ist-Was“-Reihe von Tesloff oder die Kindersachbuchreihen vom Ravensburger Verlag. Besonders gut gefallen haben uns die „memo“-Reihe von DK-Verlag und die Reihe „Abenteuer! Maja Nielsen erzählt“ der Autorin Maja Nielsen vom Verlag Gerstenberg. Auch das „Geheimwissen für Kinder“ vom Compactverlag, die Sachbuchreihe „Lesen, Staunen, Wissen“ vom Gerstenberg-Verlag und die Reihe „Richtig schlau“ vom Schwager-Steinle-Verlag sind hier zu nennen. Für Ritterfreunde haben wir das Buch „Wer war König Artus?“ von Edmund Jacoby vom Jacoby Stuart-Verlag gefunden.

Unter der Rubrik „lesen und machen“ sind besonders die neuen Bücher vom Franzis-Verlag zu erwähnen. Sie sind Elektroexperimentierkasten und Buch in einem, z.B. „Das große Baubuch Abenteuer Elektronik“ (Autorin Carmen Skupin), mit dem man ohne Vorkenntnisse z.B. ein Raumschiff mit LED-Beleuchtung, ein Rennboot mit Solarantrieb oder eine Robotermaske mit Leuchtaugen bauen kann. Neben dem Anleitungsbuch für 18 spannende Elektronik-Projekte auf über 60 Seiten enthält die Buch/Baukasten-Kombination die notwendigen elektronischen Einzelteile für die Modelle. Preisempfehlung war 29.95€ (ist im Buchhandel aber auch schon 5 € billiger entdeckt worden) und ist für Kinder ab 8 Jahren geeignet. Zum gleichen Preis gibt es „Das große Retro Radio Baubuch“ mit einem Bausatz für ein Retroradio mit vielen spannenden Geschichten ums Radio und deren Geschichte für Kinder ab 14 Jahren.

Zu den Experimentierbüchern gehört auch das Buch „Coole Experimente für zuhause“ von Robert Winston vom DK-Verlag.

Der Verlag Oetinger gibt seit diesem Jahr die Reihe „Die fantastischen Elf“ von Marliese Arold heraus, eine Buchreihe über ein Fußball-Team für Kinder ab 8 Jahren.

Zum Spielen und Lesen sind eventuell die Quartettbücher des Verlages Schwager und Steinlein zu nennen, eine Kombination von Sachbuch mit beiliegendem Quartett, z.B. zum Thema „Rennwagen“.

Vom Kosmos-Verlag wurde die neue Reihe „4 durch die Zeit“ von Thilo (ab 8 Jahren) empfohlen. Die uns zugesendeten Rezensionsexemplare halten wir für erfolgversprechend. Beim Probebuch zum Testen für 2,99€ („Kampf der Dinosaurier“) kann man sicher nichts falsch machen. Auch vom Kosmos-Verlag ist die neue Reihe „unsichtbar und trotzdem da!“ von Boris Pfeiffer, wie z.B. der erste Band „Diebe in der Nacht“ (ab 9 Jahren) zu empfehlen.

Für Leseanfänger fanden wir ein Sachbilderbuch des Gerstenberg-Verlags über das Duo Krawinkel und Eckstein (die Kinder kennen diese vermutlich aus der „Sendung mit der Maus“) mit dem Titel „Auf den Spuren von Piet Mondrian“. Wie der Name vermuten lässt, soll hier Kindern auf interessante Weise moderne Kunst näher gebracht werden. Leider bislang das einzige Buch dieser Art.

Für Jungs ab 12 wurden uns vom Ravensburger Verlag einige Bücher empfohlen. Zum einen ist der 4.Teil der Romanserie Gone „Gone 4 – Rache“ von Michael Grant  erschienen. Die Buchreihe handelt von einer Kleinstadt, die plötzlich isoliert wurde und in der in der alle Menschen über 15 Jahre verschwunden sind. In dem Roman „Über uns Stille“ von Morton Rhue geht es um einen Jungen, der sich in Zeiten eines drohenden Atomkrieges Gedanken macht, wer wohl in dem Atombunker, den sein Vater im Garten gebaut hat, unterkommen würde und wie das Leben darin weiterginge. In „Löwenherz“ von Richard Dübell geraten die Geschwister Edith und Robert in die Wirren des 3. Kreuzzugs. Das Buch ist ab 12 empfohlen.

Von „Die Legende der Wächter“ von  Kathryn Lasky vom Ravensburger Verlag ist mittlerweile Band 8 – Die Flucht erschienen.

Beim Loewe-Verlag konnte von der „Hugo“-Buchreihe der mittlerweile 4. Band „Very important Hugo“ der Autorin Sabine Zett entdeckt werden. Eine spaßige und spannende und bislang erfolgreiche Buchreihe um Hugo und seine Freunde und deren lustigen Abenteuer. Desweitern waren jede Menge Exemplare der Buchreihe „Das magische Baumhaus“ von Mary Pope Osborne zu finden, in welcher die Geschwister Philipp und Anne mit jedem Band eine Zeitreise zu einem anderen Abenteuer (Indianer, Ritter, Dschungel, Dinosaurier, Geister usw.) machen.

Vom Carlsen-Verlag wurden uns die Max-Buchreihen empfohlen. Das sind zwei Buchreihen, eine Buchreihen ab 3 zum Vorlesen (Reihe „Mein Freund Max“) über den Alltag eines Jungen im Kindergarten und von 7 bis 10 zum Selberlesen (Reihen „Typisch Max“) über den Drittklässler Max.

Besonders viel Zeit für die Vorstellung von „Jungenbüchern“ hat sich der Verlag DIX genommen, was wir sehr positiv fanden. Insbesondere die Bücher „Graf Wenzelslaus, der Geräuschesammler“ von Thomas Johannes Hauck (für 7-9 Jahre), „Die Geister von Melele Pamu“ von Simak Büchel und Betie Pankoke (7-9 Jahre) und „Der weltbeste Erfinder“ von Marc Beck und Sabine Rixen (9-10 Jahre) sind uns hier empfohlen worden. Insbesondere der Autor Simak Büchel ist gerne bereit, bei Buchvorlesungen seine Bücher vorzustellen. Vielleicht eine Idee für eine Schule?

Bei den fremdsprachigen Büchern sind die DVD-Bilderbücher vom Verlag minedition zu erwähnen. Es sind Bilderbücher, die eine DVD enthalten. Das Bilderbuch ist ein normales Bilderbuch mit Bildern und kurzen Texten in Deutsch. Die DVD enthält nun die  ganzen Bilder des Buches, wobei aber sowohl als Untertitel als auch als Vorlesesprache deutsch, englisch, französisch oder türkisch ausgewählt werden kann. Beispiel hierfür ist das Bilderbuch „Fünf freche Mäuse bauen ein Haus“ von Chisato Tashiro. Das Buch richtet sich an Leseanfänger, und entspricht in Filmaufmachung und Vorlesetempo „Sendung mit der Maus“ Filmen. Die Geschichten um den gemeinschaftlichen Bau eines Hauses oder in einem anderen Buch eines Rennautos, mit dem die Mäuse dann auch noch ein Verfolgungsrennen machen, sprechen dabei speziell Jungeninteressen an.

Für „Ostalgiker“, die ihren Kindern die Bücher aus der ehemaligen DDR, für die sie sich in ihrer Jugendzeit begeisterten, näher bringen wollen, ist der Leipziger Kinderbuchverlag zu empfehlen. Dieser verlegt z.B. die Maulwurf-Bilderbücher (bekannt von der „Sendung mit der Maus“) oder die Alexander Wolkow-Reihe wie „Der Zauberer der Smaragdenstadt“ samt Folgebüchern, die den Leser in eine spannende Magiewelt entführen, welche sich vor einem Harry Potter nicht verstecken muss, ja sogar Jahrzehnte vor ihm da war. Na, werden da Erinnerungen wach? Bei einigen von uns schon.

So, wir hoffen, Ihnen hat unser kleiner Streifzug durch die Buchmesse gefallen. Mit Sicherheit werden einige der Bücher demnächst in unserer Jungenleseliste erscheinen.