Entwicklung der Lesekompetenz in der Schulzeit
Wie entwickelt sich die Lesekompetenz im Laufe der Schulzeit? Die hier dargestellten Werte beziehen sich noch auf Untersuchungen aus dem Jahr 1997 (Harmgarth, Frederike (Hrsg.) Lesegewohnheiten – Lesebarrieren. Schülerbefragung im Projekt „Öffentliche Bibliothek und Schule – neue Formen der Partnerschaft“ der Bertelsmann-Stiftung; Gütersloh 1997; S. 26). Neuere Daten konnten leider keine gefunden werden. Aber die Daten sind trotzdem interessant, weshalb wir sie hier vorstellen möchten. Der Leseindex ist dabei ein Maß für die Lesekompetenz. Der Wert wurde für die Bertelsmann-Studie eigens entwickelt.
Die Untersuchungen zeigen, dass ein geschlechterspezifisches Lesekompetenzgefälle zuungunsten der Jungen schon vor PISA bekannt war. Besonders auffällig ist aber vor allem der erste enorme „Leseknick“ von der 2. zur 3. Klasse. Signifikant ist der deutlich steilere Rückgang bei den Jungen.
Schon die PISA-Studie 2000 verwies auf einen signifikanten Zusammenhang zwischen Leseinteresse und Lesekompetenz (Christine Garbe „Lesekompetenz als Schlüsselqualifikation“ in „Lesekompetenz fördern von Anfang an (Eva Gläser; Gitta Franke-Zöllmer (Hrsg.); S.16; Schneider Verlag Hohengehren, Baltmannsweiler, 2005). Auf motivationaler Basis ließe sich dieser enorme „Leseknick“ damit erklären, dass die Kinder in der ersten und zweiten Klasse noch sehr stark motiviert sind, lesen zu lernen, z.B. weil die Kinder mit dem „Lesen können“ ein Stück weit in die Welt der Erwachsenen vordringen, die ihnen bislang verwehrt war.
Nach der zweiten Klasse, wenn die Lesewerkzeuge bereits vorhanden sind, also die grundlegende Technik des Lesens vorhanden ist, verliert sich das Interesse, weil dann nicht mehr nur das reine „Lesen können“ sondern auch der Lesestoff sich auf die Lesemotivation auswirkt. Das heißt, dass es für die Kinder dann auch wichtig ist, was man liest. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass auf dieser Grundlage die Leseinteressen von Jungen weniger befriedigt würden als die der Mädchen.
Aber der Leseindex und damit die Lesekompetenz sinken sogar noch weiter. Bei Jungen erreichen sie zum Abschluss der Schule einen katastrophal minimalen Wert. Das geschlechterspezifische Bildungsgefälle bleibt erhalten. Während bei Mädchen zum Abschluss der Schule der Anteil der Schülerinnen, die einen guten und sehr guten Leseindex aufweisen, doppelt so hoch ist als der Anteil der Schülerinnen, einen niedrigen bzw. sehr niedrigen Leseindex aufweisen, ist es bei den Jungen anders. Der Anteil der Schüler mit niedrigem und sehr niedrigem Leseindex ist zum Ende der Schulzeit fast dreimal so hoch wie der Anteil der Schüler mit einem guten und sehr guten Leseindex.
Fazit:
Leseförderung durchdringt die ganze Schulzeit. Sie muss in der Grundschule ansetzen. Geschlechterspezifische Aspekte sind dabei wichtig. Aber auch über die weitere Schulzeit hinweg ist Leseförderung ein bleibendes Thema.