Jungs sind ungeduldige Leser – Interview mit Dominique Magdalene Stengl

Jungs sind ungeduldige Leser – Interview mit Dominique Magdalene Stengl

Dominique Magdalene Stengl, 1979, in Breslau geboren, wuchs in Kassel im schönen Nordhessen auf. Nach ihrem Abitur studierte sie Kommunikationswissenschaften und Politologie an den Universitäten  München, Salzburg und Málaga. Während des Studiums arbeitete Sie freiberuflich im Marketing und begann anschließend bei der Unternehmensberatung TopConcept nahe München zu arbeiten.

Als Business Trainerin in den Bereichen Führung, Sales und Kommunikation beschäftigte sie sich mit den Themen „Umgang mit anderen“, „Wirken auf andere“ und vor allem mit dem Thema der „typengerechten Kommunikation“. Dabei standen immer der Mensch und sein Verhalten im Vordergrund. Auf Ihren zahlreichen Seminaren  als Trainerin/Coach und Moderatorin lernte Dominique eine Vielzahl unterschiedlichster Menschen und Firmen kennen und hilft diesen sich im „Verhaltensbereich“ zu entwickeln.

Bis heute arbeitet Dominique leidenschaftlich als Trainerin mit und für Menschen. Besonders am Herzen liegen ihr aber die „Kleinen Menschen“. Als zweifache Mama mit Ihren Söhnen Ben und Mick konnte Dominique viele der Inhalte und Kommunikationskonzepte, die sie sonst in der Arbeit mit Erwachsenen anwendet mit ihren Kindern ausprobieren. Spielerisch  entstand so die Idee des „Tierisch wertvoll“  Gedichtbandes für Kinder und  Erwachsene.Dominique wollte  Kindern auf einfache Weise ein Wertegerüst mitgeben, welches so wichtig für den persönlichen Erfolg in ihrer Zukunft sein kann.

Auch ihre neue „saukomische“ Kinderbuchreihe „Junge und Schwein“,  die pünktlich im Jahr des Schweines veröffentlicht wurde, wurde durch den verrückten Familienalltag mit ihren beiden Söhnen  inspiriert. Nach dem Umzug  der Familie nach Südafrika, musste gegen Heimweh ein neues Haustier einziehen.

So entstanden im „Schweinsgalopp“ die liebenswerten und „saulustigen“ Geschichten von dem verrückt, durchgeknallten  Schwein und seinem Jungen.

Jungenleseliste: Als Interviewgast haben wir heute die Kinderbuchautorin Frau Dominique Magdalene Stengl. Sehr geehrte Frau Stengl, Sie arbeiten als Business- und Kommunikationstrainerin. Wie wurden Sie Kinderbuchautorin?

Frau Stengl: In meiner Arbeit als Trainerin für TopConcept in den Bereichen Führung und Kommunikation, habe ich auf meinen Seminaren eine Vielzahl von unterschiedlichsten Menschen und Firmen kennengelernt.

Dabei lernte ich, dass oftmals gerade frühe Weichenstellungen extrem wichtig für ein erfolgreiches Verhalten von Erwachsenen sind.

Gerade die Themen wie „Führung von Mitarbeitern“ und „Wirken auf andere“ aber auch der „Umgang mit anderen und mir selbst“ haben viel mit einem stabilen Wertegerüst zu tun. Wenn Kinder wichtige Verhaltenswerte bereits früh lernen und vorgelebt bekommen, sind sie später nicht nur im Beruf erfolgreicher, sondern auch oftmals stressresistentere und zufriedenere Erwachsene.

Da in meiner Arbeit immer der Mensch im Vordergrund steht, und ich selbst Mutter zweier Jungs bin, wollte ich eine weitere Möglichkeit des Werte-Lernens kreieren und in Form eines interaktiven Buches, diese einfachen Lebenswerte spielerisch transportieren. So entstand mein erstes Kinderbuch „Tierisch wertvoll“ für Kinder, aber eben auch für Erwachsene.

Seit wann schreiben Sie Kinderbücher?

Geschichten habe ich schon immer geschrieben. Als ich 10 Jahre alt war wollte ich unbedingt Deutschlands jüngste Autorin werden. Meine erste Buch Veröffentlichung hat aber fast weitere 30 Jahre in Anspruch genommen…Ich lebe meinen Kindheitstraum nun also schon eine ganze Weile und Deutschlands jüngste Autorin bin ich definitiv nicht geworden;)

Nach Ihrem Gedichteband „Tierisch wertvoll“ haben Sie begonnen eine Kinderbuchreihe „Junge und Schwein“ zu schreiben. Warum ausgerechnet dieses Thema und warum ausgerechnet ein Schwein als tierischer Protagonist?

Ich glaube fest daran, dass in jedem von uns ein „Schwein“ steckt.

Und dieser Satz allein, reicht aus, dass wir anfangen zu grübeln. Ich glaube es gibt kaum ein Tier, dem mehr unterschiedliche und konträrere Attribute zugeschrieben werden als einem Schwein. Ein mieser Charakter ist ein Schwein, aber wir wünschen „sauviel“ Glück und jeder will ein Glücksschwein haben. Ein Schwein ist schmutzig und fett aber eben auch ein Symbol für Zufriedenheit und Wohlstand, daher haben wir ja auch Sparschweine…und Schweine sind lustig. Denn es geht ja auch „kein Schwein an“ wie es sich benimmt. Schweine verstellen sich nicht, sie sind das was sie sind. Schweine sind eben ganz Vieles gleichzeitig, sowie wir Menschen.

Somit war mein idealer Held geboren. Ein Schwein hat einen so verrückten Ruf, dass es auch alles machen kann und nicht in Verruf gerät. Es darf pupsen, schmatzen, es darf in Fettnäpfchen treten und trotzdem ist es ein sympathischer Kerl.

Ein Schwein verdeutlicht Kindern und Erwachsenen immer wieder, dass gerade Unzulänglichkeiten liebenswert sind und nicht die Perfektion.

Das Buchschwein würde sagen: „Schweine sind außerdem extrem intelligente Tiere und werden grundsätzlich unterschätzt…und das ist auch gut so“

Um was geht es in Ihren Kinderbüchern?

In meinen Büchern geht es immer um Freundschaft, Loyalität und positives Denken sowie wichtige Verhaltenswerte im Umgang miteinander.

Dabei finde ich es essentiell wichtig, dass meine Bücher Spaß machen und lustig sind, denn das ist die Basis für das Lernen.

So versuche ich meinen Lesern auch immer eine andere Perspektive auf die Sicht der Dinge zu geben. Die Kinderbuchreihe „Junge und Schwein“, ist zum Beispiel aus der Sicht des Schweines geschrieben.

Menschen die es schaffen durch die Augen des anderen zu schauen, können so viel lernen und ihren eigenen Horizont erweitern. Diese emotionale Intelligenz, die wir auch Empathie nennen, kann man mitunter so trainieren.

Jungs wird oft zu Unrecht unterstellt sie seien nicht empathisch genug. Deshalb ist das Lesen aus unterschiedlichen Perspektiven, gerade auch für Jungs von so hoher Bedeutung.

Auf Ihrer Homepage steht, dass Ihre beiden Söhne oft das Schicksal Ihrer Romanfiguren bestimmen würden. Wie müssen wir uns das vorstellen?

Als Mutter die oftmals zu Hause arbeitet  bin ich natürlich immer gut greifbar für meine Jungs. Die ständigen Störungen in meinem Büro haben sich aber als sehr nützlich erwiesen. Da ich ja Kinderbücher schreibe, liegt es nahe sich die Meinung direkt von der „Quelle“ zu holen. Die Jungs haben sehr viel Phantasie und auch große Lust mit mir gemeinsam nachzudenken, was in den Geschichten passieren könnte.

Gerade wenn ich mal „hänge“ kommen völlig unkonventionelle Ideen von den Kids. Ich übernehme nicht immer alles, aber die abwegigsten Ideen fördern auch meine Kreativität, und ich stoppe mich selbst davon wie ein Erwachsener zu denken. Für mich ist dieser Input meiner Kinder aber auch ihrer Freunde (und wir haben immer ein volles Haus) eine wirkliche Bereicherung. So lerne ich von den Jungs was Kinder lustig finden und worüber sie wirklich lachen können.

Ein schönes Beispiel dafür ist ein Kapitel aus  „Junge und Schwein-cool und wild“. So sollte sich eine ganze Episode mit dem Thema pupsen beschäftigen, weil Pupsen scheinbar ein sehr wichtiges Thema ist…

Auch meine Geschichte vom Wurm „Entscheidnix“  (aus „Tierisch wertvoll“) würde anders enden, wenn ich kein kindliches Veto bekommen hätte. Ich verrate nur so viel: der Wurm wird nicht vom Laster überfahren, er bekommt noch eine zweite Chance und überlebt seinen Fehler. Und warum soll er überleben, wollte ich von meinen Jungs wissen. „Weil auch wir Kinder Fehler machen, und nicht gleich überfahren werden wollen“.

Diese kindliche Logik ist so stechend scharf und genial, kein Erwachsener könnte mir jemals so gute Schreibtipps geben wie ein Kind.

In Deutschland ist die Lesemotivation von Kindern, insbesondere für Jungs, ein Problem. Sie lebten eine Zeit lang oder leben noch in Südafrika. Wie sieht es dort aus? Ist dort das Bücherlesen für Jungs selbstverständlicher als in Deutschland?

Es ist eine sehr interessante Frage zwischen Deutschland und Südafrika einen Vergleich zu ziehen, was die Lesemotivation angeht. Lesen ist für unsere Gesellschaft selbstverständlich und während viele Eltern die Lesemotivation ihrer Kinder zu fördern versuchen, kämpft Südafrika damit den Kindern überhaupt das Lesen zu beizubringen.

Im internationalen Vergleich belegen südafrikanische Schüler bei der Lesefähigkeit meistens die hinteren Plätze. Das hat aber gar nicht so viel mit der Motivation, als mit der Sprachpolitik im Land zu tun. Fast 80 % der Bevölkerung hat eine afrikanische Sprache als Muttersprache. Die ersten drei Schuljahre lernen also viele Kinder in einer afrikanischen Sprache. Ab der vierten Klasse wechseln sie dann zum Unterricht auf Englisch. So hat dies oftmals zur Konsequenz, dass den Kindern weder ausreichend Lesen in ihrer Muttersprache beigebracht wurde noch das Englisch gut genug ist, um es als Unterrichtssprache zu verwenden. Viele Eltern der Schüler können zudem selbst nicht lesen und haben gar keine Bücher daheim.

In Südafrika geht es deshalb auch darum, Eltern zu ermutigen Geschichten zu erzählen um die Vorstellungskraft ihrer Kinder zu fördern.

Bücherlesen ist daher weder für Mädchen noch Jungs selbstverständlich, sondern nach wie vor ein „Luxus“, der reicheren Bevölkerungsschichten mit privater schulischer Ausbildung vorbehalten wird.

In Ihrer Vita steht, dass Sie sich als Business Trainerin in den Bereichen Führung, Sales und Kommunikation u.a. mit den Themen „Umgang mit anderen“, „Wirken auf andere“ und vor allem mit dem Thema der „typengerechten Kommunikation“ beschäftigt haben. Wie weit hilft Ihnen das beim Schreiben für Bücher, die auch Jungs ansprechen sollen?

In der „typengerechten Kommunikation“ lernt man, dass Menschen unterschiedliche Denkpräferenzen haben.

Tatsächlich haben diese Denkpräferenzen, also wie wir Menschen „ticken“, nichts mit dem Geschlecht zu tun. Somit habe ich zu jedem Zeitpunkt versucht nicht in Gender spezifische Fallen zu stolpern. Jungs müssen sich nicht unbedingt für Mathe, Piraten und die Feuerwehr interessieren, nur weil sie Jungs sind. Sie können sich aber natürlich dafür interessieren, weil es vielleicht in ihre Denkpräferenz fällt.

Somit wollte ich nicht ein typisches Jungen-Buch schreiben, was die Jungs in ihrem „männlich-sein“ abholt, sondern ein Buch für Jungs kreieren, welches sie als Kind und Mensch anspricht.

Ehrlicherweise muss ich aber zugeben, dass die „Jungensprache“ bisweilen etwas derber und wortkarger ausfallen kann. Somit gibt es in dem Buch „Junge und Schwein“ sehr wohl Stellen, die Jungs wahrscheinlich lustiger finden als Mädels.

Was sollten Bücher Ihrer Meinung nach bieten, damit sie von Jungs gelesen werden?

Es gab Untersuchungen in den letzten Jahren, die belegen, dass es unterschiedlicher Inhalte bedarf um den Faktor „Lesespaß“ bei Jungs und Mädchen zu wecken. Fakt scheint auch zu sein, dass Jungs kürzer und seltener lesen als Mädchen.

Ein Buch welches also das Interesse von Jungs wecken soll, muss meiner Meinung nach schneller Spaß machen, das heißt die Geschichten müssen rasanter anfangen und weniger beschreibend sein. Jungs sind oftmals ungeduldiger und je schneller der erste „Lacher“  und die „Action“ kommt, desto eher lesen sie meiner Erfahrung nach weiter. Der „Lesespaß“ darf also nicht zu lange auf sich warten lassen.

Somit sind kürzere Kapitel und einfachere Sätze einer der Schlüssel zum „Leseerfolg“ bei lesefaulen Jungs. Vor allem müssen sich die Jungs aber auch schnell und einfach mit dem Inhalt identifizieren können. Deshalb ist ein flotter Schreibstil, der gerade auf Alltags/Umgangssprache zurückgreift wichtig.  Auch sprechen Jungs oft „coole“ Formate und Bilder an. In einem Buch für Jungs, sollte  also an diesen visuellen Hilfsmitteln nicht gespart werden.

Wie wichtig halten Sie das Vorlesen für die Leseförderung?

Vorlesen ist der Grundstein für das spätere eigene Leseverhalten und somit super wichtig!

Wenn wir Eltern uns also „Lesekinder“ wünschen, macht es sehr viel Sinn früh mit dem Vorlesen anzufangen und regelmäßig vorzulesen. Dabei kann man auch an unterschiedlichsten Orten und Situationen gemeinsam lesen, es muss nicht immer die „Gute Nacht Geschichte“ sein.

„Vorlesekinder“ lesen tatsächlich später selber mehr, als die Kinder denen wenig oder gar nicht vorgelesen wurde.

Vorlesen fördert außerdem die Konzentration und die Sprachentwicklung von Kindern. Ein weiterer guter Grund für das Vorlesen ist auch, dass soziale und emotionale Kernkompetenzen trainiert werden. Vorlesen schafft außerdem Nähe und stärkt die Eltern-Kind Bildung, denn beim Vorlesen kann man ja auch so schön kuscheln.

Manche Untersuchungen zeigen auch, dass Vorlesen Stress abbaut und gerade unruhigen und zappeligen Kindern eine Möglichkeit des Entspannens und Abschaltens bietet.

Eine hohe „Lesekompetenz“  von Kindern ist außerdem die Grundlage fürs weitere Lernen. Daher ist die frühe Leseförderung  gerade auch im Zusammenhang mit den späteren Bildungschancen eines Kindes essentiell wichtig.

Wird es weitergehen mit Ihrer „Junge und Schwein“-Reihe?

Ganz sicher wird das Schwein uns nicht verlassen! Mit meinen Jungs basteln wir eifrig an neuen Geschichten und es gibt noch eine ganze Menge, die das Buchschwein „Schweini“ mit seinem Jungen erleben soll.

Mick wünscht sich zum Beispiel noch ein Baby-Schwein, welches einziehen soll und Ben möchte „Schweini“  in den Urlaub nach Afrika schicken, damit „Schweini“ seinen afrikanischen Verwandten das „Warthog“ besuchen kann.

Ich bin also sehr zuversichtlich, dass wir bald einen weiteren Teil von „Junge und Schwein“ herausbringen werden.

Welche Bücher lesen Ihre Jungs – außer Ihren eigenen natürlich – noch besonders gerne?

Beide Jungs mögen „Greg´s Tagebuch“ und „Harry Potter“ sehr gerne. Ben liest außerdem gerne Bücher über Fußball, aktuell „Pele-warum Fußball?“

Mick hingegen bevorzugt Bücher über und mit Tieren. Sein Lieblingsbuch aktuell ist „Bailey findet ein Zuhause“.

Vielen Dank für das Interview. Wir wünschen Ihnen noch viel Erfolg mit Ihren Büchern und uns von Ihnen noch viele tolle Kinderbücher.

Wer sich näher über die Kinderbücher von Frau Stengl informieren möchte, kann dies auf Ihrer Homepage https://www.dominiquestengl-kinderbuecher.com/das-neue-sau-lustige-kinderbuch/ tun.

Die bisherigen Bücher von Frau Stengl:

  • Junge und Schwein-fröhliche Schweinachten; ab 8 Jahren
  • Junge und Schwein-cool und wild; ab 8 Jahren
  • Gedichtband „Tierisch wertvoll“ Das besondere Kinderbuch (mit Hör-CD); ab 6 Jahren