Jungen sind ebenso lesebegabt wie Mädchen
Heidelberg: Der Verlag Kosmos hat in einem Beitrag „Lesen Jungs anders – als Mädchen?“ auf seiner Homepage einige interessante Studien zur Lesemotivation von Jungen zusammengestellt. Wir zitieren einige Passagen daraus.
Im Rahmen einer französischen Studie (Pansu, 2016) bekamen 80 Grundschulkinder die Aufgabe, in vorgegebener Zeit möglichst viele Tiernamen in einer Wörterliste zu finden:
„Die Wissenschaftler verpackten die Aufgabe unterschiedlich: Mal als Lesetest, mal als Spiel aus einer Zeitschrift. In der Spielsituation zeigte sich, dass männliche Probanden die Ergebnisse der weiblichen Probanden übertrafen. Die Schlussfolgerung: Die Lesefähigkeit bei Jungen und Mädchen ist gleich, aber „lesen“ ist situationsabhängig unterschiedlich besetzt. „Lesen können“ ist eine Domäne [hier muss es offenbar „keine Domäne“ heißen, da das Studienergebnis und die Aussage nicht korrelieren würden] der Mädchen, die Forscher vermuten einen demotivierenden Effekt der Prüfungs-Situation auf Jungen.“
Eine englische Studie (Picton/Clark 2015) zeigte, dass sich die Leseleistungen von Jungen mit eBooks im Vergleich zu gedruckten Texten verbessert:
„Die Leseleistung stieg mit E-Books in etwa vier Monaten auf einen Wert, für den sie mit gedruckten Büchern acht Monate gebraucht hätten. Besonders aufschlussreich: Die Einstellung zum Lesen wandelte sich. Zu Beginn der Fördermaßnahmen fand es ein Drittel der Jungen „cool“, am Ende fanden dies 2/3 der Jungen.
(…)
Jungen lesen genau so gut wie Mädchen und es macht ihnen genau so viel Spaß. Das Problem ist, dass „lesen“ als Mädchensache gilt. Mit E-Book-Readern wurde es für die Jungs attraktiver. Die Beschäftigung mit Elektronik hingegen gilt als Jungensache. Und damit sind E-Books „cool“.
Die Ergebnisse der Studien legen nahe, dass Jungen eine andere Ansprache brauchen, damit sie gut lesen lernen.“
Ein Ergebnis, das wir auch schon in unserem Beitrag von 2016 „eBooks steigern Lesekompetenz und Lesemotivation von Jungs“ dargelegt hatten.
Es zeigt wieder einmal, dass Jungen nicht lesefauler sind als Mädchen. Und dass Jungen unbegabter wären als Mädchen, ist allenfalls das Hirngespinst einiger verblendeter Politiker. Es gibt auch genügend Lösungsvorschläge für einen Abbau des Gender Reading Gaps. Allein die Bildungspolitik weigert sich, diese umzusetzen.
Die Quellenangaben zu den Studien sind:
Pansu, Pascal/Régner,Isabelle/Max, Sylvain/Colé, Pascale/Nezlek, John B./Huguet, Pascal: A burden for the boys. Evidence of stereotype threat in boys’ reading performance. Journal of Experimental Social Psychology 65 (2016). S. 26-30.
Picton, Irene/Clark, Christina: The Impact of Ebooks on the Reading Motivation and Reading Skills of Children and Young People: A study of schools using RM Books. Final Report. National Literacy Trust London 2015. www.literacytrust.org.uk/assets/0002/9076/The_Impact_of_Ebooks_final_report.pdf