Digitale Medien und Jungenleseförderung

Die Studie „Das Potenzial von E-Readern in der Leseförderung“ des Instituts für Lese- und Medienforschung der Stiftung Lesen untersuchte das Potenzial von digitalen Medien am Beispiel von E-Readern in der Leseförderung. Das Ergebnis zeigte schon 2011, dass digitale Medien sehr gut als Lesefördermittel angewendet werden können.

„Die zentralen Befunde

1. Die E-Reader und E-Books bewirken eine Anfangsbegeisterung, sie sind attraktiver als das herkömmliche Bücherregal und Printbücher. Eine vorhandene Hemmschwelle zum (Erst-) Kontakt mit Büchern kann gesenkt werden. Die Akzeptanz dieses neuen Zugangs zu Büchern birgt großes Potential für eine erhöhte Lesemotivation.

2. Lesemotivation setzt ein positives Lese-Image voraus. Die Nutzung des E-Readers trägt dazu bei, das Lese-Image zu verbessern. Das nicht selten von Jugendlichen als „altmodisch“ empfundene gedruckte Buch erscheint auf dem E-Reader als moderne Alternative.

3. Für E-Books werden andere Auswahlstrategien angewendet als bei gedruckten Büchern. Es werden mehr – darunter auch besonders umfangreiche – Bücher digital heruntergeladen als in gedruckter Form ausgeliehen. Die für Leseferne einschüchternde“ Erscheinung umfangreicher gedruckter Bücher entfällt beim Anschauen der Cover im Internet. Damit wird deutlich: E-Books sind besonders geeignet, die Schwelle zum Bücherlesen bei lesefernen Jugendlichen zu senken. Das Buch erscheint beherrschbar.

4. Zwei Probleme stehen der vollen Entfaltung des Potenzials von E-Books im Weg: Erstens bildet der mit den verwendeten E-Reader-Modellen mehrstufige „Nutzungsweg“ vom Website-Log-In bis zur Lektüre auf dem E-Reader eine Barriere. Die durch das Herunterladen entstehende „individuelle Bibliothek“ ist zunächst nur auf dem PC gespeichert, nicht aber direkt auf dem Endgerät. Dies schränkt das Wirkpotential ein.

Zweitens werden die Website und die E-Reader nicht kontinuierlich genutzt.

Um vorhandene Potenziale – wie etwa Verbesserung der Lesemotivation und des Leseverhaltens – auszuschöpfen, müssen inhaltliche und technische Mindestanforderungen erfüllt sein, da sonst die Anfangsbegeisterung nicht dauerhaft gehalten werden kann und die Nutzung nach der ersten „Euphorie des Neuen“ abbricht.

Mindestvoraussetzungen zum Ausschöpfen des Potentials von E-Readern

1. Zielgruppengerechtes Bücher – Angebot.
Die in der Studie verwendeten Bücher wurden überwiegend positiv bewertet. Sie entsprachen inhaltlich den Interessen der Schüler/innen. Mittlerweile sind ebenfalls Comics, Mangas und Zeitschriften erhältlich, die für den E-Reader in der hier verwendeten Version nicht existierten. Fans dieser Formate vermissten ein entsprechendes Angebot, weil dieser E-Reader auf textliche Darstellungen reduziert war.

2. Vielfältiges und offenes Bücher – Angebot mit der Möglichkeit zur Anschlusskommunikation
In der Studie war das Bücherangebot naturgemäß begrenzt. In der Realität bieten E-Book-Stores im Internet die Möglichkeit, immer wieder neue Bücher herunterzuladen, allerdings kostenpflichtig. Ebenso fehlten aufgrund des experimentellen Studiendesigns die üblichen Kommentar-und Bewertungsfunktionen auf der Internetseite, die das Angebot strukturieren und einzuordnen helfen und zur kontinuierlichen Nutzung motivieren. Leseförderprojekte mit E-Books sollten dies berücksichtigen.

3. Geräte, die dem aktuellen Stand der Technik entsprechen.
Die E-Reader (in der hier verwendeten Version) konnten Erwartungen nicht erfüllen, die durch die rasante technologische Entwicklung bereits zum Standard gehören (Smartphone; Tablet-PC). Multimediafähige Geräte sind besonders für Jungen von Interesse, die über das Textliche hinaus darstellende, spielerische und interaktive Elemente favorisieren. [Fettmarkierung durch www.jungenleseliste.de]

4. Kurzer und intuitiver Zugriff auf E-Books (Download: E-Reader anschalten -> Internet -> E-Reader).
Viele Schüler/innen brechen den Weg zur Nutzung der E-Books ab, wenn er – ohne direkten Internetzugang des E-Readers – zu lang und nicht intuitiv genug ist (PC hochfahren -> Internetseite aufrufen -> E-Book auf PC abspeichern -> E-Reader anschließen -> E-Book kopieren -> auf E-Reader lesen). Internetfähige E-Reader bzw. Multifunktionsgeräte verkürzen den Weg, indem eine „individuelle Bibliothek“ direkt auf dem Endgerät entsteht.“

Quelle: Dr. Simone C. Ehmig; Timo Reuter M. A.; Manuel Menke M. A.: „Das Potenzial von E-Readern in der Leseförderung“ des Instituts für Lese- und Medienforschung der Stiftung Lesen; 2011; S. 4 und 5)

Die gesamte Studie zum Nutzen von digitalen Medien bei der Leseförderung ist auf der Seite von Stiftung Lesen downloadbar.

 

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